Whatsapp-Nutzung illegal?!

„Whatsapp-Nutzung ist unter Umständen illegal und kann zu Abmahnungen führen.“ Diese Nachricht verbreitete sich letzte Woche in den Medien und führte bei vielen Nutzern zu Unsicherheit.

Doch was war der Hintergrund dieser Nachricht?

Vor dem AG Bad Hersfeld (AG Bad Hersfeld, Beschluss vom 20.03.2017, Az.: F 111/17 EASO), genauer gesagt vor dem Familiengericht, stritten sich Eltern eines Kindes, welche in Scheidung lebten. Das Kind, knappe 11 Jahre alt, lebte bei der Mutter und besaß ein Smartphone, welches dieses auch für den Nachrichten-Dienst „Whatsapp“ nutze. Im Ergebnis wurden nun der Mutter unter anderem die Auflage erteilt, von sämtlichen Kontakten im Adressbuch ihres Kindes eine Zustimmungserklärung zur Datenweitergabe einzuholen.
Dies begründet sich aus folgenden Überlegungen:

Bei der Installation von „Whatsapp“ stimmt man den Nutzungsbedingungen von „Whatsapp“ zu. Darin heißt es, neben vielen weiteren, weitreichenden Regelungen im Hinblick auf die Datennutzung und Datenweitergabe durch „Whatsapp“:

„Adressbuch. Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deinen sonstigen Kontakten in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können“(https://www.whatsapp.com/legal/#terms-of-service)

Da das Kind die Nutzungsbedingungen nicht gelesen hatte und auch keinerlei Einwilligung seiner Kontakte hatte, deren Daten weiterzugeben, drohte dem Vermögen des Kindes Schaden, da es, durch die mithin unzulässige Weitergabe von Daten an „Whatsapp“ grundsätzlich jeweils eine sogenannte unerlaubte Handlung aus § 823 BGB begeht und daraus abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert werden kann. Dies kann unter Umständen zu erheblichen Zahlungsverpflichtungen führen.
Im Rahmen der elterlichen Sorge muss die Mutter solchen Vermögensschäden entgegen wirken.

Rechtlicher Hintergrund

Gerade im Bereich von Datennutzung und Datenschutz ist vieles umstritten, richterlich noch nicht geklärt und unklar. Die Geschwindigkeit, in welcher sich die einschlägigen Vorschriften ändern, verbessert diesen Umstand nicht. Im oben genannten Fall setzte sich das Gericht mit zwei Ansichten im Hinblick auf das BDSG auseinander. Während nämlich einige Stimmen den einzelnen Whatsapp-Nutzer dem Unternehmen „Whatsapp“ zurechnen, was dazu führt, dass die §§ 27 ff. BDSG, welche einen Geschäftszweck erfordern, anwendbaren wären, wird dies von ebenso vielen Kritikern abgelehnt. Der Nutzer, welche als Privatpersonen „Whatsapp“ nutzen, bleiben Privatpersonen, was gegen eine Annahme eines Geschäftszweckes und damit gegen die Anwendbarkeit der §§ 27 ff. BDSG spricht. Anders hingegen sieht dies bei Personen aus, welche ihr Smartphone für „Whatsapp“ nutzen und gleichzeitig berufliche Kontakte auf dem Telefon gespeichert haben (folglich vor allem Freiberufler, Selbstständige etc.). Für diese gelten die Bestimmungen der §§ 27 ff. BDSG.

Dennoch wird auch als Privatperson bei der unbefugten Datenweitergabe ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 BGB verletzt, nämlich das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ welches unmittelbar aus dem Grundgesetz, genauer aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet wird. Dieses Recht ist ein Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrecht und beinhaltet, dass jeder Mensch selbst entscheiden darf, welche personenbezogenen Daten über ihn verbreitet werden dürfen und welche nicht.
Namen und Telefonnummern sind solche personenbezogenen Daten und bei der (für die Nutzung von „Whatsapp“ zwingenden) Akzeptanz der AGB, willigt der Nutzer ein, dass diese Daten als Klardaten (also nicht anonymisiert) eines jeden Kontaktes in seinem Adressbuch, egal ob dieser Kontakt selbst „Whatsapp“ nutzt oder nicht, an das Unternehmen in den USA weitergegeben wird und das gesamte Adressbuch auch regelmäßig ausgelesen wird.
Daraus folgt, dass jeder Kontakt, jedenfalls diejenigen die selbst den Dienst nicht nutzen, möchte man der Meinung folgen, dass jeder Whatsapp-Nutzer zumindest konkludent in die Datenweitergabe einwilligt, erst einmal in die Datenweitergabe einwilligen müsste, bevor man die AGB von „Whatsapp“ akzeptiert und damit den Dienst überhaupt erst nutzen kann.

Ausblick

Insgesamt enthält die angegebene Entscheidung auch noch weitere, lesenswerte Ausführungen zum verantwortungsvollen bzw. verantwortungslosen Umgang mit Smartphones und und Apps im Allgemeinen. Denn kaum jemand macht sich die Mühe, die Bedingungen und rechtlichen Ausführungen der jeweiligen App-Anbieter tatsächlich zu lesen.

Grundsätzlich hat diese Entscheidung natürlich keinerlei Bindung für andere Verfahren. Andere Gerichte können dies anders sehen. Dennoch sind die Ausführungen nachvollziehbar und dürften einer weitergehenden rechtliche Überprüfung standhalten.
Verbraucherschützer warnen schon lange vor dieser Vorgehensweise seitens „Whatsapp“. Offen und umstritten ist derzeit, ob diese Regelung, welche „Whatsapp“ das Recht auf all diese Daten einräumt, tatsächlich einer rechtlichen Überprüfung stand hält, zumal dieses Recht innerhalb der Nutzungsbedingungen an mehreren Stellen „versteckt“ ist und damit für den Nutzer überraschend und damit unwirksam sein könnte.
Dies ändert aber bis zu einer gerichtlichen Klärung nichts daran, dass aktuell eine Vielzahl von Kontaktdaten ohne die erforderliche Einwilligung an „Whatsapp“ weiter gegeben wird.

Abmahnungen unterliegen zwar (mittlerweile) hohen Hürden. So muss das rechtsverletzende Verhalten genau bezeichnet werden, um überhaupt abmahnfähig zu sein, dennoch könnte die obige Entscheidung zu einer Abmahnwelle führen. Ob diese im Einzelnen Bestand haben, sollte dann, bevor man auf die Forderungen ungeprüft eingeht, zwingend durch einen Rechtsanwalt überprüft werden.

Ihr
Rechtsanwalt Carsten W. Rücker
und Ihre
Wiss. Mit. Stefanie Meierhold

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